Die Strategie für die soziale Inklusion der Roma in der Republik Serbien von 2016‒2025 führte zu gewissen Fortschritten bei der Lösung des Problems der Diskriminierung von Roma. Trotzdem stieß man bei der Überwindung der Vorurteile und falschen Wahrnehmungen über die Angehörigen der Roma-Bevölkerung auf Schwierigkeiten. Eines der Hindernisse liegt in dem mangelnden Bewusstsein über die Diskriminierung sowie in den fehlenden Kenntnissen über Unterstützungsmechanismen, die den diskriminierten Personen helfen könnten, wie man in der Podiumsdiskussion «Informiere dich selbst und urteile nicht», welche in Novi Sad, 08.09.2020 mit dem Ziel einer Steigerung des Bewusstseins über dieses Problem und Ermutigung zu einer angemessenen Reaktion und Prävention ausgerichtet wurde, hervorhob.
Das Bedürfnis nach Aufklärung der Roma über die Mechanismen gegen Diskriminierung bestätigt auch die neue Umfrage «Wie Roma die Diskriminierung wahrnehmen», die auf Initiative des Gleichstellungsbeauftragten durch die von der GIZ umgesetzte Deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt wurde. Laut dieser Untersuchung kennen 52 Prozent der Roma keine entsprechenden Mechanismen gegen Diskriminierung, und eine große Anzahl von ihnen hat nicht einmal von den Institutionen gehört, die ihnen helfen können. Die zweite Umfrage «Wie die Bürger die Diskriminierung wahrnehmen» zeigte, dass es immer mehr Bürger gibt, die sich an keine einzige Behörde zwecks Schutzes vor Diskriminierung wenden würden.
Der Bürgerbeauftragte der Provinz Vojvodina, Prof. Dr. Zoran Pavlović, wies darauf hin, dass es für die Überwindung jeglicher Art der Diskriminierung von Minderheiten erforderlich sei, dass die Bürger Vertrauen in Institutionen gewinnen sowie den Institutionen als öffentlichen Behörden bewusst wird, dass gerade sie für die Bürgerinnen und Bürger da sind. „Es ist wichtig, dass wir die Bürger dazu ermutigen, sich an die Behörden zu wenden. Um einen entsprechenden Schutz suchen zu können, müssen sie vor allem Kenntnis über ihre eigenen Rechte haben sowie wissen, an wen sie sich zwecks Hilfe wenden können und dass es im Falle einer Anzeige wegen egal welcher Art von Diskriminierung, unter Berücksichtigung der zu beachtenden Verfahren, an Unterstützung nicht fehlen wird“, betonte Zoran Pavlović.
Um das Bewusstsein über die Diskriminierung von nationalen Minderheiten zu steigern, startete das Ministerium für Arbeit, Beschäftigung und soziale Politik in Zusammenarbeit mit der Bürgervereinigung Ternipe die Kampagne „Informiere dich selbst und urteile nicht“, die von der Deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit dem Projekt „Inklusion von Roma und anderen benachteiligten Gruppen“ unterstützt wurde.
„Im Rahmen der Kampagne „Informiere dich selbst und urteile nicht“ werden Podiumsdiskussionen, zahlreiche andere Aktivitäten wie z.B. die Sommerschule für die Schüler der Sekundarstufe, die sich der Bekämpfung der Diskriminierung widmet, sowie zahlreiche Maßnahmen gegen die Diskriminierung an zehn Sekundarschulen veranstaltet. Es wurden auch kurze Filme mit dem Ziel aufgezeichnet, die Roma-Bevölkerung besser kennen zu lernen und Diskriminierung sowie Stereotype zu bekämpfen“, hob der Projektmanager Petar Antić in der Podiumsdiskussion hervor.
Abgesehen von einer Bewusstseinssteigerung über die Diskriminierung von Angehörigen der nationalen Minderheiten sowie über ihre Äußerungsformen hat man in der Podiumsdiskussion immer wieder auf die Nichtanzeige solcher Fälle bei den zuständigen Stellen hingewiesen. Die Vertreterin der Stadt Novi Sad, Ljiljana Mihajlović, gab an, dass sich in den vergangenen fünf Jahren kein einziger Roma-Angehöriger an den lokalen Bürgerbeauftragten in Novi Sad gewendet habe.
In den Medien dokumentierte Diskriminierungsfälle liegen vor und sind eine wichtige Informationsquelle für alle Akteure, deren Aufgaben die Prävention, Bekämpfung der Diskriminierung und Förderung der Menschenrechte sind. Ungeachtet dessen werden als Grund für die Nichtbearbeitung bestimmter Diskriminierungsfälle aber der Mangel an Beschwerden bei den zuständigen Stellen und das Misstrauen gegenüber den Institutionen angegeben.
„Die Roma-Gemeinschaft schweigt überwiegend und zeigt sich gegenüber Behörden misstrauisch. Sie glauben nicht, dass ihr Fall bei einer Anzeige bearbeitet werden würde, oder melden sich erst gar nicht, weil sie Angst haben. Die Allianz gegen die Diskriminierung von Roma, ein Netzwerk, welches acht Roma-Organisationen aus Städten serbienweit umfasst, ist ein Bündnis, welches sich ausschließlich mit Diskriminierungsproblemen befassen wird. Das andere Problem liegt in der institutionellen Diskriminierung, die in Bezug auf die kollektiven Rechte der Roma gemäß dem Gesetz über die Freiheiten und Rechte der nationalen Minderheiten entsteht. Die staatlichen Stellen haben nämlich keine Mechanismen für den Schutz des „Andersseins“ sowie die Sicherstellung der kulturellen Autonomie und des amtlichen Sprachgebrauchs bereitgestellt, so wie sie im Falle von anderen nationalen Minderheiten vorliegen, die eigene Institute für Kultur, Zeitungsverlage in der eigenen Muttersprache und einen amtlichen Sprachgebrauch auch in jenen Gemeinden haben, wo gemäß dem Gesetz keine Voraussetzungen dafür vorliegen“, erklärte Nenad Vladisavljev, Vertreter der Allianz gegen die Diskriminierung von Roma.
Die Aufklärung und das Wissen über die eigenen Rechte, die Unterstützungsmechanismen und Hilfen, die von den Behörden geleistet werden, sowie das Vertrauen in diese sind laut Fazit der Teilnehmer der Podiumsdiskussion wesentlich für die Überwindung und Bekämpfung der Diskriminierung von nationalen Minderheiten.