Die Covid-19-Pandemie hat die Art und Weise verändert, wie Unternehmen Mitarbeiter anziehen, rekrutieren und binden, während Telearbeit zur „neuen Normalität“ geworden ist. Eine Beschäftigung zu finden und zu arbeiten setzt daher mehr denn je digitale Kompetenz voraus und nach den neuesten offiziellen Daten aus dem Jahr 2018 sind etwa 50% der Menschen über 15 Jahren in Serbien digitale Analphabeten. Daten dieser Art, die sich auf Mitglieder gefährdeter Gruppen beziehen, sind nicht bekannt, aber angesichts ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage kann man davon ausgehen, dass diese Zahlen hinsichtlich dieser Bevölkerungsgruppe in Serbien deutlich höher sind.

Aufgrund des auch unter regulären Umständen schwierigen Zugangs zu Bildung und zum Arbeitsmarkt sind Mitglieder gefährderter Gruppen in Serbien, von denen eine beträchtliche Anzahl Rückkehrer sind, einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt. Junge Menschen und Frauen gehören zu den am stärksten Benachteiligten unter ihnen. Arbeitslosigkeit ist unter anderem der Hauptgrund für die Perspektivlosigkeit und damit für die Abwanderung von Arbeitskräften.

Darüber hinaus tragen ihr Mangel an Informationen und ihre Inaktivität dazu bei, dass Mitglieder gefährdeter Gruppen weitaus schwieriger eine Beschäftigung finden, was zur sozialen Ausgrenzung führt. Jetzt wird ihre Situation durch die Folgen der Coronavirus-Pandemie noch verschärft, die dazu führen, dass Neubeschäftigungen eingestellt oder für einen längeren Zeitraum aufgeschoben werden.

Öffentliche und private Arbeitsvermittlungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Arbeitsmarktes während der Krise und der Beschleunigung seiner Erholung nach der Aufhebung der während der Pandemie getroffenen Maßnahmen. Daher standen die genannten Herausforderungen im Fokus der ersten virtuellen Beschäftigungsmesse in Serbien, die im Mai 2021 von der Nationalen Arbeitsagentur (NES) und dem Deutschen Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere (DIMAK) organisiert wurde.

Das DIMAK wurde 2016 im Rahmen des Globalvorhabens „Migragtion für Entwicklung“ (PME) gegründet, das in Serbien im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von der GIZ umgesetzt wird. Das PME-Programm unterstützt durch Maßnahmen zur Qualifikationssteigerung und Kompetenzentwicklung die wirtschaftliche und soziale Reintegration von Rückkehrern in ihre Heimatgemeinden sowie die wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven für die lokale Bevölkerung. Das DIMAK bietet in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit, Beschäftigung, Veteranen und Soziales, dem NES und dem Kommissariat für Flüchtlinge und Migration (KIRS) Beratung für Einzelpersonen und ganze Familien. Darüber hinaus werden alle Informationen zu aktuellen Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen auf der Website Startfinder Serbien gesammelt.

„Während der anfänglichen Aktivitäten der Messe hatten einige Menschen gar nicht den Wunsch, sich zur Messe anzumelden, weil sie nicht arbeiten wollten und auch kein Interesse an einer derartigen Veranstaltung hatten. Einer der Gründe für das mangelnde Interesse war das Misstrauen gegenüber Institutionen. Aber nach einem bestimmten Zeitraum, in dem wir in den Zielgebieten intensiv Informationen über die Messe verbreitet und gegebenenfalls an das DIMAK verwiesen hatten, wuchs das Interesse. „Im weiteren Verlauf war das häufigste Hindernis, dass die meisten potenziellen Teilnehmer keine E-Mail Adresse oder einen Lebenslauf hatten, weil sie diesen Kommunikationskanal nicht nutzen“, sagt Milica Stanković, eine der vier Aktivisten der mobilen Teams, die vom PME-Programm eingestellt wurden. Am Vorabend der Messe haben sie mit Mitgliedern gefährdeter Gruppen der lokalen Bevölkerung, vor allem mit Rückkehrern und der Roma-Bevölkerung, in Obrenovac, Valjevo und Doljevac kommuniziert und ihnen bei der Erstellung von nicht weniger als 70 Lebensläufen geholfen. Dank des Engagements der mobilen Teams haben sich 136 Personen zur Messe angemeldet, davon insgesamt 43 Rückkehrer und 17 Frauen.

„Meine Eindrücke von der Messe sind großartig. Die Teilnehmer sind auch sehr zufrieden; sie sagen, dass die Informationen für sie sehr wichtig waren und dass die Veranstaltung selbst für sie interessant war, weil sie bisher nicht die Gelegenheit hatten, sich an etwas Ähnlichem zu beteiligen“, teilt ihre Eindrücke Marija Vesić, auch eine Aktivistin des mobilen Teams.

Am Vorabend der Messe führte die NES eine Medienkampagne auf nationaler und lokaler Ebene durch und DIMAK motivierte potenzielle Teilnehmer, insbesondere aus sozial schwachen Gruppen, durch eine intensive Kampagne in sozialen Netzwerken. Während der Vorbereitungen zur Messe stand den Arbeitssuchenden auch telefonische Unterstützung zur Verfügung, die von  55 Personen an nur einem der von den mobilen Teams organisierten Punkte in Anspruch genommen wurde. Am Tag der Messe wurden zwei Sammelpunkte und Informationsveranstaltungen in Obrenovac und Valjevo organisiert, wo 34 Personen, darunter 22 Frauen und 7 Rückkehrer, Unterstützung bei der Nutzung aller Dienstleistungen der Messe erhalten haben.

“Vereinzelten Teilnehmer gelang es nicht, sich im ersten Anlauf selbständig auf die Plattform einzuloggen, während einige ihre E-Mail Adressen und Passwörter vergessen oder andere technische Schwierigkeiten hatten. Wir haben ihnen bei all dem geholfen, ebenso wie bei der Suche nach offenen Stellen und der Teilnahme an Webinaren. Diejenigen, die Interesse an einem Vorstellungsgespräch mit Arbeitgebern hatten, habe ich beraten, wie sie diese kontaktieren, einen guten Eindruck hinterlassen und eine Beschäftigungsmöglichkeit erhalten können”, erklärt Marija Vesić.

Die virtuelle Beschäftigungsmesse richtete sich an alle Arbeitslosen in Serbien. Über einen Zeitraum von sechs Stunden ermöglichte sie 7.500 registrierten Arbeitssuchenden, darunter 1.599 Rückkehrern, die Kommunikation mit 70 Unternehmen. Während der Messe wurden etwa 2.800 Arbeitsplätze angeboten, 7.302 Lebensläufe wurden eingegreicht, und 54% der insgesamt registrierten Teilnehmer waren Frauen.

Alle angemeldeten Teilnehmer hatten die Möglichkeit, live mit den Arbeitgebern zu sprechen, sich Beschäftigungsangebote anzusehen, ihre Lebensläufe zu präsentieren und Arbeitsbedingungen zu vereinbaren. Die Messe bot ein breites Spektrum an Arbeitsplätzen von den Bereichen Ingenieurwesen, Maschinenbau, Informations- und Kommunikationstechnologien bis hin zu Berufen wie Schneider, Näher, Verkäufer, Übersetzer, Produktionsarbeiter. Parallel zum Hauptprogramm konnten die Teilnehmer drei Webinare in den Bereichen Arbeitsrecht, Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch und sogenannte grüne Arbeitsplätze verfolgen. Diese Vorträge wurden von über 2.500 Teilnehmern besucht.